ETZEL Dennis Value Opportunity Fonds
Herr Etzel, Value Investing scheint zurzeit in aller Munde zu sein. Wo sehen Sie die Hintergründe dafür?
In Zeiten gestiegener Bewertungen an den Kapitalmärkten erkennen viele Kapitalmarktteilnehmer, dass Value nicht unbedingt mit niedriger Bewertung gleichzusetzen ist, sondern das ein wesentliches Differenzierungsmerkmal in der Qualität der Unternehmen liegt. Manche Unternehmen sind «cheap for a reason», nämlich dann, wenn sie kein qualitativ hochwertiges Geschäftsmodell aufweisen. Dann werden diese Unternehmen auch mittel- oder langfristig niedrig bewertet sein, ohne ein Value Investment zu sein, das heisst, wir haben es dann mit «Value Traps» zu tun. Zunehmend erkennen Investoren, dass der Schlüssel zur Beurteilung werthaltiger Investments nicht im Ablesen von Bewertungskennzahlen liegt, sondern in der Analyse der Qualität eines Geschäftsmodells.
Ist noch Luft nach oben bei Value-Titeln?
Market Timing ist für uns Value-Investoren nicht entscheidend. Egal, welche makroökonomischen Szenarien man entwickelt – spitzt sich die internationale Schuldenkrise zu und der Euro bricht womöglich auseinander oder wird sie überwunden – ein Investment in Unternehmen wird sich weiterhin als die werthaltigere Alternative erweisen. Ein Prozent an einem Unternehmen bleibt ein Prozent, egal in welcher Währung man dies berechnet. Wenn ich also Geld in Unternehmen investiere, dann will ich dies nur in den qualitativ besten Unternehmen tun, denn dann habe ich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dieses eine Prozent am Unternehmen in absoluten Zahlen gerechnet in Zukunft mehr wert ist als heute. Für mich stellt sich daher immer nur die Frage: Finde ich ein sehr gutes Unternehmen zu einem vernünftigen Preis. Warren Buffett brachte dies treffend auf den Punkt, als er sagte: «Es ist viel besser, ein wundervolles Unternehmen zu einem fairen Preis zu kaufen als ein mittelmässiges Unternehmen zu einem wunderbaren Preis».
Worauf sollte man heute bei Value-Investments besonders achten?
Selbstverständlich spielen Bewertungskennzahlen eine grosse Rolle. Diesen liegt eine dezidierte Fundamentalanalyse zugrunde. Diese beschränkt sich aber weniger auf das «number crunching». Entscheidend für die Beurteilung der Qualität eines Unternehmens sind Faktoren, wie die Stabilität der operativen Margen des Unternehmens über mehrere Konjunkturzyklen, die Markteintrittsbarrieren der Branche, das Vorhandensein wiederkehrender Umsätze, eine gesunde Bilanz sowie die Integrität und die unternehmerische Qualität des Unternehmensmanagements. Innerhalb dieser Faktoren ist meiner Meinung der von Warren Buffett geprägte Begriff des «Economic Moats», zu Deutsch etwa wirtschaftlicher Burggraben, besonders wichtig. Hier geht es darum, strukturelle Wettbewerbsvorteile der Unternehmen abzuschätzen. All diese Aspekte fliessen in die Unternehmensauswahl bei unserem Value Opportunity Fund ein.
Zunehmend sieht man im Markt Sondersituationen wie zum Beispiel M&A-Transaktionen. Profitiert Ihr Fonds davon?
In der Tat sind die M&A-Aktivitäten in der letzten Zeit stark gestiegen. Da der Value Opportunity Fund sich nicht nur auf «Value» fokussiert, sondern – wie der Name schon sagt – auch auf «Opportunities», das heisst Sondersituationen, profitiert der Fonds in besonderem Masse auch davon. Denn häufig stellen nicht nur Restrukturierungen oder Übernahmen bzw. die Erwartung auf einen Take-Over einen Kurstreiber dar, sondern auch die weiteren Schritte nach einer Übernahme, das heisst mögliche Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge oder Squeeze-Outs. Der Vorteil an Investments in solchen Special Situations liegt darin, dass das Aktienmarktrisiko hier niedriger liegt, da der Werttreiber weniger im operativen Geschäft des Unternehmens liegt, sondern in der Sondersituation des Unternehmens begründet ist.
Gibt es auch im Anleihen-Bereich noch Möglichkeiten nach Value- oder Opportunity-Kriterien zu investieren?
Auch wenn Unternehmensanleihen im aktuellen Zinsumfeld zunehmen unattraktiv erscheinen, können sich auch hier hin und wieder interessante Investmentmöglichkeiten ergeben. Nämlich dann, wenn man ein Unternehmen identifiziert hat, dass den oben genannten Value- oder Opportunity-Kriterien entspricht, jedoch die Aktien des Unternehmens so hoch bewertet sind, dass man nicht mit einer ausreichenden Sicherheitsmarge investieren kann. Dann ergibt sich hin und wieder die Möglichkeit, dass das gleiche Unternehmens Corporate Bonds emittiert hat, die ein attraktives Rendite-/Risikopotenzial aufweisen und sich gleichzeitig das Aktienmarktrisiko eines Portfolios reduzieren lässt.
Zur Person
Dennis Etzel hat rund 20 Jahre professionelle Kapitalmarkterfahrung. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften war er zunächst knapp zehn Jahre als Aktienanalyst für verschiedene Investmentbanken tätig. Danach als Investmentmanager und Geschäftsführer einer active-owner-ship Investmentgesellschaft sowie als Portfoliomanager eines Family Office. Seit Ende 2014 ist er Portfoliomanager für den vielfach ausgezeichneten Value Opportunity Fund.