Am heutigen Montag haben die Innogy-Aktionäre auf die Veröffentlichung des Geschäftsberichts für 2017 gewartet. Die Gewinnzahlen für das vergangene Jahr treten jetzt allerdings in den Hintergrund. Denn über das Wochenende veröffentlichten Innogy, RWE und Eon eine Meldung, die einer Neuordnung des deutschen Energiemarktes gleichkommt.
Die komplizierte Struktur des geplanten Deals sieht zusammengefasst so aus: Eon wird zunächst den gesamten RWE-Anteil an Innogy von knapp 77 Prozent übernehmen. RWE erhält im Gegenzug einen Anteil von knapp 17 Prozent an Eon, diese Anteile werden aus einer Sachkapitalerhöhung stammen. Dann werden diverse Geschäftsteile hin und her getauscht. RWE zahlt als Ausgleich noch 1,5 Milliarden Euro an Eon. Selbstverständlich steht alles unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Gremien der beteiligten Unternehmen sowie des Kartellamts. Im Ergebnis soll Eon das Geschäft mit Energienetzen und Energiedienstleistungen kontrollieren, während sich RWE auf die konventionelle und erneuerbare Stromerzeugung konzentriert.
Wir halten das Angebot von 40 Euro je Aktie für die Aktionäre von Innogy für durchaus vorteilhaft. Innogy kam als RWEs Geschäftsfeld mit erneuerbaren Energien, Vertrieb und Netz im Oktober 2016 an die Börse und sah seitdem seinen Emissionskurs von 36 Euro nicht wieder. Was als verlässlicher Dividendenzahler und damit auch wichtigster Gewinnbringer von RWE startete, entpuppte sich aufgrund einer Reihe von Gewinnwarnungen immer mehr als sogenannter „Value Trap“, also als eine Art Anlegerfalle, die eher Wert vernichtet statt Werte schafft, und als berufliche Endstation von Vorstandschef Peter Terium. Insbesondere die sich auftürmenden Probleme im britischen Markt sorgten seit Ende 2017 dafür, dass die Aktie bis Anfang Februar auf unter 30 Euro fiel. Erst dann besannen sich die Investoren, dass die erwartete Dividendenzahlung von 1,65 Euro Ende April einer Dividendenrendite von über fünf Prozent entspricht. Allerdings war nicht ausgeschlossen, dass die Dividende in den nächsten Jahren hätte gekürzt werden müssen, sofern das Unternehmen seine Probleme nicht löst, da sie sonst zunehmend aus der Substanz des Unternehmens gezahlt worden wäre.
Dennoch wird – erwartungsgemäß – der Deal von den nordrhein-westfälischen Städten und Kommunen, die insgesamt 20 Prozent an Innogy halten, kritisiert. Im Vordergrund der Argumentation stehen wirtschaftspolitische Themen, insbesondere Standorte und Arbeitsplätze.
Objektiv gesehen aber halten wir das Angebot für alle Aktionäre vor dem Hintergrund der Probleme von Innogy für durchaus attraktiv. Zum einen nimmt es die ambitionierten Dividendenerwartungen für die nächsten zwei Jahre vorweg. Darüberhinaus muss man schon sehr optimistisch sein, ohne Übernahmeangebot mittelfristig Kurse zu erwarten, die deutlich über dem jetzigen Angebotspreis liegen. Zum Schlusskurs vom Freitag bei knapp 35 Euro je Aktie wird das Unternehmen mit 19 Milliarden Euro bewertet. Hinzu kommt eine Nettoverschuldung in etwa der gleichen Größenordnung. Aus Basis der jetzigen Markterwartungen, die immerhin einigermaßen stabile Gewinne für die nächsten Jahre sehen, ist das Unternehmen bereits mit dem 15-fachen des operativen Gewinns und dem 17-fachen des Gewinns je Aktie bewertet.
So wäre auch für die nordrhein-westfälischen Städte und Kommunen der Ratschlag „Take the money and run“ die wirtschaftlich beste Lösung.