Die deutschen Autobauer stehen wegen des Dieselskandals und dem damit verbundenen notwendigen Umdenken innerhalb der Branche zurzeit unter besonderer Beobachtung der Investoren. Die volkswirtschaftlich ebenso wichtige Branche der deutschen Autozulieferer fliegt dagegen meist unterhalb des Radars des öffentlichen Interesses. Zu Unrecht, wird sich doch der Wandel der deutschen Autoindustrie hier genauso vollziehen und in den Aktienkursen widerspiegeln. Mit dem Trend zur zunehmenden Elektrifizierung des Autos bis hin zum Motor werden einige Unternehmen ihre Existenzberichtigung verlieren, während andere von den Umwälzungen profitieren.
Unternehmen, deren Geschäftsmodell stark am Verbrennungsmotor hängt, der inklusive des Antriebsstrangs aus vielen tausend Teilen besteht, werden vom Trend der E-Mobilität negativ beeinflusst. Schaeffler, Elring Klinger und in Teilen auch der Zulieferer SHW ist betroffen, da bei letzterem der Bereich Kraftstoffpumpen und -ventile einen nennenswerten Umsatz erwirtschaftet.
Die Ingenieurdienstleister Bertrandt und EDAG stehen am Scheideweg. Beide sind zwar mit ihren deutschen Großkunden noch stark vom herkömmlichen Auto abhängig und spüren seit einiger Zeit den wieder anziehenden Preisdruck und die Budgetkürzungen ihrer Kunden. Dennoch kann sich gerade mit den langfristig notwendigen Investitionen in neue Technologien der Outsourcing-Trend der Autohersteller zugunsten der Ingenieurdienstleister beschleunigen. Bertrandt und EDAG stehen nun vor der Herausforderung, ihre Kosten und Ressourcen den neuen Bedürfnissen ihrer Kunden möglichst schnell anzupassen, was sicherlich nicht ohne Schmerzen passieren wird.
Nicht alles ist jedoch negativ. Generell nimmt der „electronic content“ schon seit vielen Jahren in Fahrzeugen zu. Dieser Trend beschleunigt sich jetzt. Wird nun entweder in Form von Hybrid-Modellen oder reinen „Stromern“ auch der Antrieb elektrifiziert, sind Batterien inklusive des Batteriemanagements und natürlich der Elektromotor die entscheidenden neuen Komponenten. Diese Felder sind zwar schon weitgehend unter asiatischen Unternehmen aufgeteilt, allerdings gibt es auch im deutschsprachigen Raum einige Firmen, die sehr erfolgreich Nischen besetzen. Infineon sollte hier als führender Chiphersteller für automobile Elektronik profitieren, aber auch eine Leoni, die die dazu notwendigen Verkabelungen liefert. Hella profitiert vom wichtiger werdenden Energiemanagement. Direkt vom Elektromotor profitiert der Maschinenbauer Aumann, der Systeme zur Drahtwicklung herstellt.
Darüberhinaus sehen wir zwei indirekte Profiteure in Nischenanwendungen: Zum einen das Unternehmen Paragon, deren Tochter Voltabox demnächst an die Börse geht. Voltabox hat sich auf Batteriesysteme außerhalb des PKW-Bereichs spezialisiert, z.B. Trolley-Busse, Flurförderfahrzeuge, Gabelstapler und Bergbaufahrzeuge. Zwar ist die Aktie von Paragon schon stark gestiegen. Aber abhängig von der Bewertung von Voltabox beim IPO könnte die Aktie der Muttergesellschaft, die 40 Prozent beim Börsengang abgeben wird, noch Potential haben.
Ein weiterer interessanter Wert ist Polytec. Als Hersteller von Verbundfaserwerkstoffen für Karosserie- und andere tragende Teile in PKWs und als wichtiger Zulieferer aller großen Autobauer kann es dem Unternehmen egal sein, wie sich die Marktanteile zwischen Benziner, Diesel, Hybrid und reinem E-Antrieb verschieben. Fakt ist, um überhaupt annähernd die Emissionsziele in den nächsten Jahren zu erreichen, führt kein Weg am Leichtbau vorbei. Hier liefern die Werkstoffe von Polytec Gewichtsersparnisse von bis zu 60 Prozent gegenüber herkömmlichen Materialien wie Stahl und Aluminium. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund acht ist dieses Unternehmen einer der am niedrigsten bewerteten Autozulieferer auf dem Kurszettel. Die niedrige Bewertung ist möglichweise nur dadurch zu erklären, dass es als österreichisches Unternehmen nicht so sehr im Fokus der Investoren steht.